Jul
14
2016

Publikumswürdigung

„L’Escale“ (Zwischenstopp) lautete der Titel des Dokumentarfilms, den die vhs München-Nord jüngst in Kooperation mit dem Arbeitskreis Interkulturelle Zusammenarbeit in der Black Box der Seidl Mühle zeigte. Der iranisch-schweizerische Filmemacher Kaveh Bakhtiari begleitete über ein Jahr den Alltag acht illegaler Auswanderer, die in einer Behelfswohnung in Athen Unterschlupf gefunden hatten. Die sieben Iraner und ein Armenier warteten in diesem „Zwischenstopp“ unter ständiger Angst vor polizeilichen Repressalien auf Kontakte zu Schleppern, auf falsche Papiere und die Chance zur Weiterreise in ein vermeintlich besseres Leben in Europa.

Der Film verlässt die dem Publikum vertraute Metaebene, auf der gemeinhin über und nicht von den Geflüchteten selbst, berichtet wird. Vielmehr ist das Besondere an dem Film der persönliche, intime Blick dieser gestrandeten Menschen mit ungewisser Zukunft. Die verwandtschaftliche Beziehung Bakhtiaris mit einem der Iraner im Unterschlupf, ermöglichten es ihm, mit der Gruppe zu leben und das Leben aus deren Warte zu dokumentieren. Mit diesem nahezu einzigartigen Blick nahm der Filmemacher mit schweizerischem Pass eine seltsam anmutende Zwischenposition ein. Er war Vertrauter und Außenseiter zugleich, blieb selbst von Ängsten und Repressalien verschont, hatte aber keine Möglichkeit, das Schicksal der Protagonisten zu beeinflussen, das sich zwischen Hoffnung und Verzweiflung bewegte und teils ein tragisches Ende fand.

Das Ismaninger Publikum zeigte sich tief betroffen von diesem Film, zumal dieser, im Jahre 2013 gedreht, den Rückschluss nahe legt, dass sich die aktuelle Situation in Griechenland und an den Außengrenzen Europas nur verschlimmert haben kann. Man mag darüber spekulieren, warum sich an diesem Abend eher wenig Besucher und Besucherinnen in der Black Box eingefunden haben. Lag es am Wetter, an der Fußball EM oder verliert das Thema  aufgrund rückläufiger Flüchtlingszahlen in Deutschland an Bedeutung? Oder sind wir vom Thema erschöpft? Erschöpft von der Auseinandersetzung mit Leid? Egal wie die Antwort darauf lautet, bestehen verheerende Fluchtursachen und die damit verbundene Entscheidung von Menschen, ihre Heimat zu verlassen, weiterhin. Der Film gibt den Betroffenen ein Gesicht und darf als Plädoyer für die Menschenwürde gesehen werden. Das Publikum solcher Filme übernimmt oft bewusst oder unbewusst eine Multiplikatorenfunktion – umso mehr freuen wir uns über den Besuch dieser Veranstaltung.

 

Astrid Hummeltenberg, AK Interkulturelle Zusammenarbeit

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